11. März 2023
Solidaritätsschreiben zur Umbenennung des Erfurter Nettelbeckufers in Gert-Schramm-Ufer
Die Initiative Schwarze Menschen in Deutschland Berlin und Decolonize Berlin solidarisieren sich mit der zivilgesellschaftlichen Initiative Decolonize Erfurt und ihren Forderungen. Am 8. März 2023 soll im Erfurter Stadtrat uber eine Beschlussvorlage des Oberburgermeisters abgestimmt werden, dass Nettelbeckufer nicht umzubenennen. Das Ergebnis der Abstimmung wird Ausdruck dafur sein, wie sich die Landeshauptstadt in der Aufarbeitung kolonialen Erbes und einer inklusiven Erinnerungskultur positioniert.
Die Initiative Schwarze Menschen in Deutschland Berlin und Decolonize Berlin solidarisieren sich mit Decolonize Erfurt und fordern eine Umbenennung des Nettelbeckufers. Die Organisationen appellieren, die Verbrechen, an denen Joachim Nettelbeck beteiligt war (Versklavungshandel, Kolonialismus, Nationalismus und Durchhalteterror), nicht länger kleinzureden. Es braucht einen Perspektivwechsel, der die grundlegend negative Bedeutung des Namensgebers Nettelbeck anerkennt und für untragbar erklärt. Geschichte im Sinne von demokratischen Werten neu zu erzählen und Straßennamen so zu verhandeln, dass sie das Selbstverständnis unserer heutigen Gesellschaft abbilden, ist politische Pflicht.
Die Umbenennung des Nettelbeckufers in Gert-Schramm-Ufer wäre ein logischer Schritt. Gert Schramm (1928 – 2016) war ein Schwarzer Überlebender des Konzentrationslagers Buchenwald, dessen Vorfahren väterlicherseits nach Kuba versklavt wurden. Er war Zeitzeuge sowohl fur Kolonialismus als auch die NS-Zeit – zwei Gräuelperioden, in die Nettelbeck als Täter und Propagandaheld eingeschrieben ist.
Schramm wurde 2014 fur sein Engagement als Zeitzeuge gegen das Vergessen mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet. Und er hat eine klare lokale Verankerung: Er wurde am Erfurter Nettelbeckufer geboren. Das Ufer nach Gert Schramm zu benennen, ihn als Vorbild und moralische Orientierung zu setzen, entspricht einer angemessenen Ehrung und Wurdigung. Das wäre der richtige Schritt in einer demokratischen Fortschreibung der Stadtgeschichte Erfurts.