23. August 2020
Großer Aktionstag des Bündnisses Decolonize Berlin e.V.
Am 23.8.2020, dem Internationalen Tag zur Erinnerung an den Versklavungshandel und seine Abschaffung, haben die zehn afrodiasporischen und solidarischen Initiativen, Vereine und Verbände des Bündnisses DECOLONIZE Berlin eine Protestkundgebung vor dem vor dem Humboldt Forum und ein Fest zur Umbenennung der Berliner Mohrenstraße in Anton-Wilhelm-Amo-Straße organisiert.
Um 13 Uhr versammelten sich mehr als 300 Demonstrierende am Lustgarten vor dem neu errichteten Hohenzollern-Schloss. In Kunstperformances und Redebeiträgen brachten die Aktivist*innen massive Kritik am Gesamtkonzept des Humboldt Forums zum Ausdruck. Vincent B. Bababoutilabo von der Initiative Schwarze Menschen in Deutschland (ISD-Bund) erinnerte daran, dass minderjährige Versklavte afrikanischer Herkunft im Schloss dienen mussten und in der Schlosskapelle zwangsgetauft wurden.
Mnyaka Sururu Mboro vom Kampagnenbündnis „No Humboldt 21!“ kritisierte die geplante Ausstellung von geraubten Kulturschätzen im Schloss. Zudem forderte er von der Bundesregierung ein Verbot jeglicher Forschung an den Gebeinen Kolonisierter, die nicht deren sofortiger Rückübertragung dienen.
Der Herero-Aktivist Israel Kaunatjike vom Bündnis „Völkermord verjährt nicht!“ protestierte dagegen, dass die Bundesregierung den Palast Kaiser Wilhelms II., der für den Genozid an den Herero und Nama 1904-08 verantwortlich war, für fast 600 Millionen Euro rekonstruieren lässt. Er verwies darauf, dass Deutschland zur selben Zeit noch immer nicht zu einer Bitte um Entschuldigung, zu direkten Verhandlungen mit den betroffenen Gemeinschaften und zu Wiedergutmachungszahlungen für die Nachfahren der Ermordeten und Enteigneten bereit sei.
Um 14 Uhr zogen die Teilnehmenden demonstrierend zum Hausvogteiplatz, auf dem die Festbühne für das siebte und möglicherweise letzte Umbenennungsfest stand. Hier wurde ausführlich über den Sklaverei- und Rassismus-Kontext des Namens Mohrenstraße aufgeklärt und immer wieder Bezug auf den aktuellen Beschluss des Bezirkes Berlin-Mitte zur Umbenennung der Straße in Würdigung Anton Wilhelm Amos genommen. Die Podiumsgäste und Vertreter*innen verschiedener Initiativen diskutierten, wie sich die Black Lives Matter Bewegung in eine nachhaltige Dekolonisierung des öffentlichen Raums und der bundesdeutschen Gesellschaft übertragen ließe. Außerdem wurde darüber debattiert, wie sich verschiedene Communities, die negativ vom Rassismus der Mehrheitsgesellschaft betroffen sind, noch stärker als bisher solidarisieren könnten.
Künstlerischer Höhepunkt des Umbenennungsfestes war die auf einer Großleinwand per Live-Stream aus dem Deutschen Technikmuseum übertragene Performance SEK (SORRYFORNOTHING EINSATZ KOMMANDO) des Künstlers Philip Kojo Metz sein. Bei diesem Kooperationsprojekt des Museums mit DEKOLONIALE Erinnerungskultur in der Stadt konnten die Feiernden beobachten, wie eine seit Jahren kritisierte Museumsinstallation zum Versklavungshandel demonstrativ abgebaut und dabei ein offener Diskussionsraum zur Dekolonisierung des Hauses geschaffen wurde.
Höhepunkt des Umbenennungsfestes war die Übergabe von mehr als 14.000 Unterschriften für eine Umbenennung der M-Straße in Anton-Wilhelm-Amo-Straße in Berlin an den Bezirksbürgermeister Stephan von Dassel (B90/Die Grünen).
„Der Beschluss zur Umbenennung ist nur der Anfang. Auch die Anbetung kolonialer Götzen auf Deutschlands Straßen und Plätzen wird bald ihr Ende haben! Die Dekolonisierung muss weit über den öffentlichen Raum hinausgehen: Sie betrifft alle Bereiche unserer Gesellschaft, denn das koloniale Unrechtssystem ist bis heute als Anti-Schwarzer Rassismus überall wirkmächtig.“
Nadja Ofuatey-Alazard, Leiterin des EOTO »Kompetenzzentrums Anti-Schwarzer Rassismus«, Co-Geschäftsführerin von Each One Teach One (EOTO) e.V. und Vorstandsmitglied von Decolonize Berlin e.V..
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