Koordinierungsstelle

Interventionen im öffentlichen Raum

Die Narrative und Diskurse einer Erinnerungskultur spiegeln sich besonders deutlich im öffentlichen Raum wider. Sie zeigen, inwieweit eine Stadtgesellschaft bereit ist, sich kritisch mit ihrer Geschichtsschreibung und kolonialen Kontinuitäten auseinanderzusetzen. Öffentliche Plätze, Straßennamen, Denkmäler, Stolpersteine und Gedenkorte sind oft eurozentrisch geprägt und reproduzieren damit ein kollektives Gedächtnis aus einer einseitigen Perspektive.

Um öffentliche Räume zu dekolonisieren, bedarf es einer breiten gesellschaftlichen Debatte, die Gegenerzählungen zu den bisherigen Narrativen einbezieht. Besonders bei der Umbenennung von Plätzen und Straßen spielen solche Perspektivwechsel eine zentrale Rolle. Ein häufig vorgebrachter Vorwurf lautet, dass Umbenennungen Geschichte auslöschten. Er verkennt dabei, dass es vielmehr darum geht, bislang unsichtbare historische Figuren sichtbar zu machen und deren Wirken anzuerkennen – anstatt die Vergangenheit zu tilgen.

Öffentliche Räume bieten damit eine wertvolle Gelegenheit sowohl für zivilgesellschaftliche Interventionen in die Erinnerungskultur der Stadt als auch für demokratische Partizipation.

Im letzten Jahr gab es wichtige Fortschritte bei der Dekolonisierung des öffentlichen Raums, besonders durch Umbenennungen von Straßen. Diese Veränderungen sind das Ergebnis jahrzehntelanger zivilgesellschaftlicher Arbeit und ein notwendiger Schritt, um koloniale Kontinuitäten sichtbar zu machen und zu überwinden.

Zu den Erfolgen zählt die Umbenennung der Manteuffelstraße in Audrey-Lorde-Straße, benannt nach der afroamerikanischen Dichterin und Aktivistin. Ebenso wurde die Petersallee in die Maji-Maji- und Anna-Mungunda-Allee umbenannt, um an den antikolonialen Widerstand in Afrika zu erinnern. Diese Namensgebungen rücken bislang marginalisierte Geschichten und Kämpfe in das öffentliche Bewusstsein und schaffen Platz für neue Narrative.

Trotz dieser Erfolge bleiben Herausforderungen bestehen. Der Gerichtsprozess zur Umbenennung der M-Straße in Berlin-Mitte zieht sich hin, obwohl die Bezirksverordnetenversammlung bereits 2020 die Umbenennung beschlossen hatte. Auch die Entscheidung über die Umbenennung des Nettelbeckplatzes im Wedding steht noch aus und soll in der nächsten BVV-Sitzung getroffen werden.

Um diese Prozesse besser sichtbar zu machen, planen wir die Veröffentlichung einer Karte, die alle bisherigen Umbenennungen und Interventionen im Stadtraum dokumentiert. Diese Karte wird auch Beispiele für Best Practices hervorheben, um künftige Projekte zu unterstützen.

Ein weiteres Beispiel für zivilgesellschaftliches Engagement zeigt sich im Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf, wo Decolonize Berlin gebeten wurden, den Text einer Stele in der Baraschstraße mitzugestalten.

Die Zivilgesellschaft spielt eine entscheidende Rolle in diesen Prozessen, da sie die Forderungen oft initiiert und dabei hilft, Akzeptanz in der Anwohnerschaft zu schaffen. Feierliche Einweihungen wie die der Maji-Maji- und Anna-Mungunda-Alleen bieten zudem eine Chance, den antikolonialen Widerstand und die Menschen hinter den Namen zu ehren und die Bedeutung dieser Kämpfe in Erinnerung zu rufen.