Dekolonisierung als Querschnittsthema
Dekolonisierung ist eine kontinuierliche, gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Sie ergibt sich aus der Tatsache, dass die Geschichte und Gegenwart des Kolonialismus alle gesellschaftlichen Bereiche betreffen. Dies ist auch in den Forderungen aus dem Partizipationsprozess deutlich geworden, weil sie zum Beispiel neben den Maßnahmen zu Erinnerung und Erzählung, auch die Migrationspolitik und die Wirtschaftspolitik des Landes Berlin in den Blick nehmen.
Die Anerkennung, dass Kolonialismus als Staatsverbrechen und Unrechtssystem alle gesellschaftlichen Bereiche geprägt hat und heute noch prägt, ist Voraussetzung jedes dekolonialen Prozesses. Dabei verstehen wir Dekolonisierung als einen Prozess, der rassistische und kolonialrassistische Haltungen, Inhalte und Strukturen abbaut. Die Auseinandersetzung mit der kolonialen Vergangenheit ist eine Chance, gegenwärtige Macht- und Herrschaftsverhältnissen auf lokaler und globaler Ebene aufzubrechen. Dekolonisierung hat somit das Ziel, diskriminierende, ausgenzende und ungerechte Verhältnisse zu beseitigen. Um dies zu erreichen, braucht es einen gesamtgesellschaftliches Bewusstsein: Dekolonisierung ist ein Querschnittsthema!
Der 2024 herausgegebene Sammelband Dekoloniale Rechtswissenschaft und -praxis ist ein Versuch, das komplexe Geflecht aus kolonialen Kontinuitäten im deutschen und internationalen Recht genauer zu betrachten und dabei Theorie und Praxis miteinander zu verbinden.
Forderungen
Hier sind einige Forderungen aus dem 2-jährigen Partizipationsprozess aufgeführt. Die kompletten Forderungen sind im Jahresbericht 2021 verschriftlicht.
1. Verantwortungsübernahme für deutschen Kolonialismus und dem deutschen Beitrag zum europäischen Kolonialismus
- Anerkennung des Kolonialismus als Unrechtssystem durch den Deutschen Bundestag
- Einbringung einer entsprechenden Bundesratsinitiative des Landes Berlin
2. Kolonialkritische Auseinandersetzung mit dem öffentlichen Leben
3. Einberufung einer Kommission bestehend aus Expert*innen aus Zivilgesellschaft, Wissenschaft und Verwaltung zur Überarbeitung des Rassebegriffs in der Berliner Landesverfassung

Dekoloniale Rechtswissenschaft und -praxis
Koloniale Annahmen, Theorien und Strukturen sind tief in der Rechtswissenschaft und -praxis verwurzelt, wie beispielsweise in der epistemischen Dominanz westlicher, insbesondere europäischer und nordamerikanischer Rechtsverständnisse und -traditionen oder im Anspruch auf Universalität.

Unser Ausblick 2025
Im Jahr 2024 hat die Koordinierungsstelle bei Decolonize Berlin wichtige Fortschritte bei der Auseinandersetzung mit der deutschen Kolonialgeschichte und deren anhaltenden Auswirkungen erzielt.

Anti-Schwarzen Rassismus sichtbar machen!
Am 22.02.2024 ging ein Schwarzes Paar mit seinen zweijährigen Kindern durch den Berliner Bezirk Schöneberg, als eine Passantin beiden Kindern unvermittelt ins Gesicht spuckte. Als die Eltern die Frau konfrontierten, beleidigte sie die Familie rassistisch. Solche Vorfälle sind leider Alltag in Berlin.

Zivilgesellschaft unter Druck in Zeiten der erstarkenden politischen Rechte(n)
Im Sommer 2024 wurden zwei Schwarze Mädchen (8 und 10 Jahre alt) in Grevesmühlen von einer Gruppe Jugendlicher rassistisch angegriffen. Dass dies kein Einzelfall ist, zeigte eine EU-weiten Studie vom Oktober 2023 zu Rassismus gegen Schwarze, in der Deutschland am schlechtesten abschnitt.

Wie gelingt koloniale Aufarbeitung?
Rückblick auf drei Jahre der zivilgesellschaftlichen Koordinierungsstelle für ein gesamtstädtisches Aufarbeitungskonzept Berlins kolonialer Vergangenheit