Pressemitteilung, 15. Juli 2025
Berlin feiert die Umbenennung der M*Straße in Anton-Wilhelm-Amo-Straße*
Nach über 30 Jahren Engagement von Schwarzen, afrodiasporischen und solidarischen Initiativen ist es endlich soweit: Die M*Straße trägt nun offiziell den Namen Anton-Wilhelm-Amo-Straße. Mit dieser Entscheidung ehrt Berlin Anton Wilhelm Amo, den ersten bekannten Philosophen und Rechtsgelehrten afrikanischer Herkunft in Deutschland im 18. Jahrhundert, und setzt ein sichtbares Zeichen gegen Rassismus und koloniale Kontinuitäten im öffentlichen Raum.
Am 23. August 2025 ab 14:00 Uhr laden Decolonize Berlin e.V., Afrika-Rat Berlin Brandenburg, Afrotak TV cyberNomads, AfricAvenir, Amo Collective Berlin, Anton Wilhelm Amo Erbschaft, Barazani Berlin, Berliner Entwicklungspolitischer Ratschlag, Berlin Postkolonial, deschoolonize, Each One Teach One, FuturAfrik, Generation Adefra, glokal e.V., Initiative Perspektivwechsel, Initiative Schwarze Menschen in Deutschland (ISD), Korea Verband, NARUD e.V., Sources d’Espoir und Tanzania-Network zu einer feierlichen Umbenennung am Hausvogteiplatz ein. Auf dem Programm stehen Musik, Redebeiträge, künstlerische Beiträge und Raum für Begegnung.
„Die Umbenennung in Berlin ist nicht nur ein lokaler erinnerungspolitischer Schritt, sondern Teil eines glokalen Gedächtnisses. Sie verbindet die Geschichte Anton Wilhelm Amos mit transnationalen Erinnerungsräumen zwischen Ghana, den Niederlanden und Deutschland. In diesem Spannungsfeld zeigt sich, dass Erinnern heute nicht isoliert stattfinden kann, sondern immer in globalen Dialogen verhandelt wird“, sagt die Kulturwissenschaftlerin Andrea-Vicky Amankwaa-Birago, die derzeit zu Erinnerungskulturen um Anton Wilhelm Amo promoviert und Gründerin des überregionalen zivilgesellschaftlichen wie auch forschungsbasierten Netzwerks Anton Wilhelm Amo Erbschaft mit Hauptsitz in Berlin Global Village ist.
Die Umbenennung markiert einen Erfolg für alle, die sich seit den frühen 1990er Jahren gegen den rassistischen Straßennamen eingesetzt haben. Sie erinnert daran, dass kolonial-rassistische Gewalt nicht nur Vergangenheit ist, sondern bis heute im Alltag wirkt – auch in Straßennamen.
„Straßenumbenennungen sind keine Randthemen, sondern ein notwendiger Teil der Auseinandersetzung mit Rassismus. Wenn der öffentliche Raum diskriminierende Begriffe reproduziert, werden Betroffene täglich verletzt. Mit der Anton-Wilhelm-Amo-Straße eröffnen wir dagegen einen Ort der Würde und Erinnerung,“ erklärt Tahir Della für den Vorstand der ISD und Decolonize Berlin.
Ibou Diop, Projektleitung Erinnerungsort Kolonialismus, unterstreicht: “Straßennamen sind Politik! Den öffentlichen Raum als Ort des Lernens und des Erinnerns zu begreifen, kann uns helfen, die bisher unerzählten Geschichten in Schulen und Bildungsinstitution sichtbar und erfahrbar zu machen. Hier geht es nicht nur um Wiederherstellung von Gerechtigkeit und um Reparationsansprüche, sondern um Teilhabe und Zugehörigkeit.”
Bundesweit setzen sich Aktivist*innen und zivilgesellschaftliche Initiativen dafür ein, Straßen umzubenennen, die rassistische Ideologien fortschreiben oder Personen ehren, die im Kolonialismus für Verbrechen verantwortlich waren. Ziel ist es, einen demokratischeren, inklusiveren und diskriminierungssensiblen öffentlichen Raum zu schaffen. “Bei meinen kritischen Stadtführungen dort betone ich immer: Die Umbenennung von Straßen, die Kolonialismus und Versklavung verherrlichen, nach Personen, die sich dem deutschen oder europäischen Kolonialrassismus widersetzt haben, ermöglicht einen Perspektivwechsel und würdigt deren Widerstand. Sie sind kein Auslöschen von Geschichte!“ unterstreicht Mnyaka Sururu Mboro, Begründer von Berlin Postkolonial.
Regina Römhild, Europäische Ethnologin und Mitglied des Amo Kollektiv Berlin, sagt: “Als Nachbarin und Mitstreiterin bin ich sehr froh, dass die Umbenennung nun wirklich kommt - endlich müssen wir am Institut für Europäische Ethnologie der Humboldt Universität nicht mehr in einer Straße arbeiten und internationale Gäste empfangen, die einen unerträglichen, von uns seit Jahren öffentlich kritisierten, Rassismus fortschreibt."
Anton Wilhelm Amo ist bereits in anderen Städten im öffentlichen Raum verankert, eine Straße in Halle (Saale) und ein Platz in Stuttgart wurden nach ihm benannt. In Jena und Köln steht eine Benennung zur Diskussion.
Hintergrund
- Die Bezirksverordnetenversammlung Berlin-Mitte beschloss bereits im August 2020 die Umbenennung. Klagen von Anwohner*innen hatten den Vollzug jedoch verzögert.
- Anton Wilhelm Amo (*ca. 1703, † nach 1753) wurde als Kind von Westafrika aus an den Hof von Wolfenbüttel verschleppt, studierte und lehrte später Philosophie und Rechtswissenschaften im preußischen Halle, in Wittenberg und Jena. Er gilt als einer der ersten afrikanischen Aufklärungsphilosophen in Europa.
- Der bisherige Name der Straße stammt aus der Zeit, als Amo nach Deutschland kam und war ein Element kolonialer Machtrepräsentation Friedrichs I., der Schwarze Kinder zum Dienst an seinem Hofe zwang.
- Die Umbenennung folgt einer langen Tradition des Widerstands Schwarzer und afrodiasporischer Menschen in Deutschland, die koloniale und rassistische Spuren im Stadtbild kritisieren und Veränderung einfordern.
Einladung zur feierlichen Umbenennung der Anton-Wilhelm-Amo-Straße
📍 Hausvogteiplatz
📅 23. August 2025, ab 14 Uhr
Mit Musik, Reden, Austausch und Sichtbarkeit
Weitere Details und das Programm sind zu finden unter: https://decolonize-berlin.de/de/events/buchung/anton-wilhelm-amo-strasse
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KORREKTURHINWEIS
In einer früheren Version unserer Pressemitteilung vom 21. August hieß es, in Wolfenbüttel sei bereits eine Straße nach Anton Wilhelm Amo benannt.
Richtig ist: Eine solche Benennung stand lediglich zur Diskussion.
Wir bitten, die korrigierte Fassung zu berücksichtigen.