Newsletter
Newsletter Decolonize Berlin (6/2025)
Liebes Bündnis,
liebe Mitstreiter*innen,
zum Jahresabschluss möchten wir uns als Decolonize Berlin herzlich bei euch bedanken. Euer kontinuierliches dekoloniales Engagement, eure Zeit, eure Perspektiven und eure Beharrlichkeit haben auch in diesem Jahr maßgeblich dazu beigetragen, koloniale Kontinuitäten sichtbar zu machen und rassistischen Strukturen entgegenzutreten.
2025 hat erneut gezeigt, dass gemeinsames, beharrliches, ausdauerndes Engagement Wirkung entfaltet: Besonders die Umbenennung der M*Straße in die Anton-Wilhelm-Amo-Straße markiert einen bedeutenden Schritt: einen längst überfälligen Prozess kritischer Auseinandersetzung mit Rassismus und kolonialen Kontinuitäten im öffentlichen Raum. Über Jahrzehnte hinweg wurde der ehemalige Straßenname von Initiativen, zivilgesellschaftlichen Akteur*innen und Wissenschaftler*innen kritisiert – als sichtbares Symbol kolonialer Denkweisen, das Menschen afrikanischer Herkunft herabwürdigt und rassistische Fremdzuschreibungen reproduziert. Dieser Erfolg macht deutlich, welches Veränderungspotenzial zivilgesellschaftlicher Druck entfalten kann.
Gleichzeitig ist uns bewusst: Mit einzelnen Erfolgen ist es nicht getan. Koloniale Gewaltverhältnisse wirken fort – in Institutionen, im öffentlichen Raum, in Wissensproduktionen und im Alltag. Umso wichtiger ist es, dass wir auch im kommenden Jahr gemeinsam dranbleiben, uns gegenseitig stärken und weiterhin für eine gerechte, dekolonisierte Gesellschaft streiten.
Wir freuen uns darauf, auch 2026 gemeinsam mit euch solidarisch an diesen Herausforderungen zu arbeiten, rassistische Strukturen zu hinterfragen und koloniale Kontinuitäten weiter aufzubrechen.
In der Koordinierungsstelle haben wir uns mit vielen Themen beschäftigt, unsere Forderungen und Maßnahmen u.a. beim bundesweiten Vernetzungstreffen diskutiert und weiterentwickelt. Bald könnt ihr unseren Jahresbericht 2025 auf unserer Website herunterladen.
Für die kommenden Tage wünschen wir euch erholsame Feiertage, Zeit zum Durchatmen und einen kraftgebenden Jahresabschluss und einen guten Start ins neue Jahr!
Zur aktuellen Gedenkstättenkonzeption des Bundes
Der Bund hat eine Pflicht zur Kolonialismus-Erinnerung

Am 17. Dezember 2025 fand im Bundestag eine öffentliche Anhörung zur novellierten Gedenkstättenkonzeption des Bundes statt. Kulturstaatsminister Wolfram Weimer machte dabei deutlich, dass die neue Konzeption weiterhin ausschließlich Erinnerungsorte zur NS-Terrorherrschaft und zur SED-Diktatur umfasst. Die Aufarbeitung des deutschen Kolonialismus soll – so Weimer – „getrennt behandelt“ werden.
Diese Entscheidung stößt bei zahlreichen Forschenden, Initiativen und Community-Organisationen auf scharfe Kritik. Denn obwohl es sich auch beim Kolonialismus um staatlich verübtes Unrecht handelt, bleibt dessen Aufarbeitung erneut ohne strukturelle Verankerung und ohne eigene Förderstrukturen auf Bundesebene. Die Begründung, eine Erweiterung könne zu einer „Relativierungswahrnehmung“ führen, wirft dabei erhebliche Fragen auf – nicht zuletzt vor dem Hintergrund, dass die SED-Diktatur bereits als zweite Säule der Erinnerungspolitik anerkannt ist.
Im Kulturausschuss darf es nicht bei leeren Worten bleiben. Was fehlt, sind klare politische Entscheidungen und vor allem: ausreichende finanzielle Mittel für die Umsetzung kolonialer Erinnerungsarbeit. Ohne dauerhafte Förderung, ohne Trägerstrukturen und ohne Lern- und Gedenkorte bleibt Kolonialismus weiterhin aus der staatlich geförderten Erinnerungskultur ausgeschlossen.
Vor diesem Hintergrund machen wir auf unseren Offenen Brief aufmerksam:
„Der Bund hat eine Pflicht zur Kolonialismus-Erinnerung“
Der Brief wurde von 65 Organisationen und 342 Einzelpersonen u.a. aus afrikanischen, asiatischen und Schwarzen Communitys sowie aus der Kolonialismus-Aufarbeitung unterzeichnet. Laufend kommen weitere Unterzeichner*innen dazu. Der Brief fordert den Bund auf, seiner historischen Verantwortung gerecht zu werden und Kolonialismus endlich als festen Bestandteil der bundesdeutschen Erinnerungspolitik anzuerkennen.
Zum vollständigen Offenen Brief gelant ihr HIER.
Neue Publikation: Bildungsmaterial für Lehrkräfte und Multiplikator*innen
STRASSEN ERZÄHLEN GESCHICHTE(N)
KOLONIALISMUS, DEKOLONIALE PERSPEKTIVEN UND STADTRAUM
"Straßen erzählen Geschichte(n)" ist ein Bildungsmaterial für Lehrkräfte, Multiplikator*innen und politische Bildner*innen, das dabei unterstützen soll, dekoloniale Bildungsansätze zu stärken. Das Material vermittelt nicht nur Wissen, sondern dient als Werkzeug, um koloniale Bezüge im Unterricht und Alltag zu erkennen, kritisch zu reflektieren und dekoloniale Perspektiven fächerübergreifend in die Unterrichtspraxis einzubringen. Der Berliner Stadtraum wird dabei als Lernort verstanden und aktiv genutzt.
Dekolonisieren heißt, dekoloniale Denk- und Machtstrukturen zu hinterfragen und zu verändern. Dieses Material soll dazu ermutigen, selbst aktiv zu werden, zu hinterfragen, weiterzudenken und zu forschen. Es vermittelt nicht nur Wissen, sondern versteht sich als Werkzeug, um koloniale Bezüge im eigenen Fach oder im Alltag zu erkennen, das eigene Wissen kritisch zu reflektieren und sich mit dekolonialen und antikolonialen Perspektiven auseinanderzusetzen.
Wie kann dekoloniale Bildung im Schulalltag konkret aussehen? Was braucht es dafür inhaltlich und didaktisch und wie können wir strukturelle und individuelle Hindernisse erkennen und überwinden?
Das Material wird durch Gastbeiträge von (wissenschaftlichen) Expert*innen und Nichtregierungsorganisationen (NRO) erweitert. Info- und Materialboxen stellen vertiefende Informationen sowie nutzbare Materialien zum jeweiligen Inhalt des Kapitels zur Verfügung. Am Ende der Hauptkapitel "Einordnen" und "Verorten" regen Reflexionsfragen zur Auseinandersetzung mit dem eigenen Standpunkt und Handlungsoptionen an.
Ein Glossar mit zentralen Begriffen soll dabei unterstützen, sich inhaltlich und sprachlich im Material zurechtzufinden.
Die Publikation steht auf unserer Webseite kostenlos als Download zur Verfügung oder kann im Printformat bei uns bestellt werden.
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Decolonize Berlin e.V. ist ein breites Bündnis aus Schwarzen, afrodiasporischen, postkolonialen und entwicklungspolitischen Initiativen sowie engagierten Einzelpersonen. Uns verbindet ein gemeinsames Ziel: die kritische Aufarbeitung der deutschen Kolonialgeschichte und ihrer anhaltenden Auswirkungen sichtbar zu machen – und zu verändern.
Wir schaffen Räume für Bildung, Austausch und Protest. Mit vielfältigen Projekten, öffentlichen Veranstaltungen und kreativen Interventionen – im Spreeufer 6 oder bei Umbenennungsfeiern – setzen wir Impulse für gesellschaftlichen Wandel und eine Zukunft ohne koloniale und rassistische Strukturen.
Unsere Arbeit lebt vom freiwilligen Engagement vieler Menschen. Doch um nachhaltig wirken zu können, brauchen wir auch finanzielle Unterstützung.
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Newsletter-Archiv
| 18.12.2025 newsletter-decolonize-berlin-5-2025-2 | Newsletter Decolonize Berlin (6/2025) |
| 30.10.2025 newsletter-decolonize-berlin-5-2025 | Newsletter Decolonize Berlin (5/2025) |
| 02.10.2025 newsletter-decolonize-berlin-4-2025 | Newsletter Decolonize Berlin (4/2025) |
| 31.07.2025 db_nl004 | Newsletter Decolonize Berlin (3/2025) |
| 25.02.2025 db_nl003 | Newsletter 3 |
